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Der Fall WikiLeaks - Fortsetzung


Anne-Claude
08.12.10, 17:33
Guten Tag,

wie versprochen, hier die Verfügungen mit den Originaltexten, unterzeichnet von den Richtern, die wir gestern Abend (Lille) und heute Vormittag (Paris) zu den Anfragen erhalten haben, die wir am Montag gestellt haben.

http://demo.ovh.net/download/7e16478...ance_paris.pdf
http://demo.ovh.net/download/7e16478...ce_lille_2.pdf


Mit freundlichen Grüßen,
Octave

oles@ovh.net
06.12.10, 18:36
Guten Abend,

Wie Sie sicherlich wissen ist einer unserer Kunden nach Anmieten eines
Servers einer der Hoster der Wikileaks-Seite geworden. Diese Seite
eröffnet viele Fragen in Bezug auf ihre Legalität auf französischem
Territorium.

OVH ist weder der Hoster, noch der Herausgeber dieser Seite.
OVH ist weder für, noch gegen Wikileaks.

Vertragsgemäß erbringt OVH die technische Dienstleistung für Hoster,
das heißt die Bereitstellung eines Servers, Elektrizität, Kühlung, das
Gebäude für physische Sicherheit und die Internetanbindung. Sowie die
Verfügbarkeit rund um die Uhr. Schlüsselfertig. Binnen einer Stunde.

Die politische Welt hat daraufhin mit dem Finger auf OVH als
Hosting-Verantwortlichen gezeigt. Üblicherweise sieht das LCEN-Gesetz
eine Pflicht zur Benachrichtigung nachweislich illegaler Inhalte mit
einer juristischen Begründung vor. Wir erhalten 3 bis 5 solcher
Benachrichtigungen pro Tag für verschiedenste Webseiten unter den
6'500'000 die in unserem Netzwerk beherbergt sind (Rassistische
Äußerungen, Fremdenhass, etc), und übermitteln diese an die
betroffenen Hoster. Somit erhält dieser Hoster Kenntnis über die
nachweislich illegalen Inhalte und fragt wiederum den Herausgeber,
diese zu entfernen. 99% der Benachrichtigungen sind innerhalb weniger
Stunden bearbeitet und alles funktioniert einwandfrei. Wir haben auch
Kunden in ganz Europa und befolgen die jeweiligen nationalen Gesetze
un jedem Land in dem OVH niedergelassen ist.

Bezüglich der Seite Wikileaks haben wir bis jetzt keine solche
Benachrichtigung zur Weitergabe an unseren Kunden erhalten. Eventuell
hat er selbst direkt eine erhalten. Das wissen wir nicht. Auf jeden
Fall hat OVH nichts erhalten.

Angesichts der Anschuldigungen und der delikaten Position in der OVH
sich wiedergefunden hat, haben wir entschieden, die Justiz zu bitten
klarzustellen ob die Seite oder einzelne Bereiche davon nachweislich
illegal sind. Hierfür haben wir uns für ein besonderes einseitiges
Verfahren entschlossen das es erlaubt, schnell und ohne Anhörung
die Meinung eines Richters einzuholen. Wir haben keine richterliche
Verfügung beantragt, da es für diese nötig ist, eine juristische
Gegenseite bestimmen zu können. Nur dann können beide Seiten gehört
werden, und der Richter sich äußern. Da OVH weder gegen, noch für
diese Website steht, können wir nicht unseren Kunden hierfür benennen.

Am Freitag um 16 Uhr dann haben wir eine sehr sehr schnelle Anfrage
beim Amtsgericht in Lille eingereicht. Sie wurde aus folgendem Grund
abgwiesen: "...weisen die Anfrage ab, da OVH keine Notwendigkeit für
eine juristische Erlaubnis zur Sperrung dieser Webseite nachweist."
Dies liegt daran das eine Stunde nicht viel Zeit ist, um einen solchen
Antrag auszuarbeiten, also haben wie diese maximal vereinfacht und
geschrieben, das OVH Hoster dieser Seite sei (was ja nicht der Fall
ist, aber somit konnten wir am Freitag noch das Schreiben
überbringen). Der Richter hat sich um 17:30 geäussert...

http://demo.ovh.net/download/7a0c424...ks_lille_1.pdf

Also haben unsere Anwälte das ganze Wochenende gearbeitet um einen
vollständigen Antrag mit allen notwendigen Anhängen vorzubereiten.
Dieser Antrag wurde heute einem Richter am Amtsgericht Lille und
gleichzeitig einem anderen Richter in Paris vorgelegt und verhandelt.
Der Richter in Lille hat seine Entscheidung vom Freitag nochmals
bestätigt. Wir haben noch kein von ihm unterzeichnetes Dokument mit
den genauen Gründen erhalten. Wir werden es wohl morgen erhalten und
dann nochmal berichten.

Der Richter in Paris hat gesagt das die Angelegenheit komplex ist, und
darum gebeten das sie vom Vizepräsidenten des Amtsgericht verhandelt
wird. Dies wurde gemacht. Dieser war der Ansicht das unser Antrag
zurückgewiesen werden muss, aber hat die Meinung des Präsidenten der
Amtsgerichts eingeholt, der dann nicht derselben Meinung war, letzterer hat
dann die Akte dem ersten Richter vorgelegt, der nach einiger
Überlegung unseren Antrag abgewiesen hat, mit der Begründung das diese
Akte einer beidseitigen Anhörung bedarf. Wir haben noch kein von ihm
unterzeichnetes Dokument erhalten. Wir werden es wohl morgen erhalten
und dann veröffentlichen.

Hier unsere Anträge:
http://demo.ovh.net/download/7a0c424...ks_lille_2.pdf
http://demo.ovh.net/download/7a0c424...eaks_paris.pdf

Diese Entscheidungen entsprechen dem was wir erwartet haben ...

Nach momentanem Stand gibt es mehrere Szenarien:

- gemäß dem LCEN-Gesetz muss "jemand" eine Benachrichtigung über
offensichtlich illegale Inhalte mit juristischer Begründung
einreichen, damit letzterer diese Inhalte zurückzieht.

- Oder es braucht "jemanden" der unserem Kunden eine einstweilige
Verfügung zustellt (dieser Hoster kann diese dann an Wikileaks als
Herausgeber weiterreichen). Dann kann eine Anhörung beider Seiten
stattfinden, und der Richter kann sein Urteil fällen.

- Oder es muss "jemand" das für die Gewährung des vorläufigen
Rechtsschutzes zuständige Gericht anrufen und darum bitten, diese
Seite auf französischem Territorium zu zensieren. Dies ist ein
wirklich aussergewöhnlicher Schritt. Es gibt einen Präzedenzfall mit
der Affäre um die Seite "aaargh". Mit den Online-Glücksspielseiten
beginnt dieses Verfahren nun eingesetzt zu werden.

Seitens OVH, dem technischen Dienstleister, glauben wir das maximal
mögliche getan zu haben um die juristische Situation was OVH betrifft
zu klären. Auf jeden Fall haben wir versucht so transparent zu agieren
wie nur möglich.

OVH wird jede Entscheidung der Justiz umsetzen, sobald diese
mitgeteilt wird.

An die Journalisten: Es tut uns leid das wir nicht direkt alle
Anfragen beantworten. Diese geschicte, die ganze Staaten überfordert,
überfordert uns auch, und das massiv. Es ist unbedingt notwendig das
wir auf funktionale Weise kommunizieren um den Inhalt der Nachricht
wortgenau übermitteln zu können. Eines Tages (vielleicht...) werden
wir unsere Kommunikation ausreichend beherrschen um auf eine
emotionellere Arte und Weise zu kommunizieren. Auf jeden Fall sind wir
heute dazu noch nicht in der Lage.

Mit freundlichen Grüßen,
Octave

Zur Information und zum besseren Verständnis der Sache: Wer ist OVH?
OVH ist mit ihren 85000 dedizierten Servern die Nummer 1 in Europa
bei der Vermietung von dedizierten Servern. OVH ist ebenfalls Nummer 2 in
Europa und Nummer 6 weltweit bezüglich der gehosteten Websites. OVH ist
ebenfalls Telefonieanbieter und zählt 30000 benutzte Telefone in
Frankreich. OVH ist historisch gesehen eine französische Firma und hat 15
Filialen, davon 12 in Europa. Ihre 350 Mitarbeiter arbeiten Tag und Nacht,
um ihre 400'000 direkten und ihre 1500000 indirekten Kunden
zufriedenzustellen. Das Kapital der Firma gehört der Familie Klaba.